Pädagogin mit Herz und leidenschaftlicher Schulreformer



Benno Moosmüller (links) und Renate Heffe (rechts) wurden nicht nur von den Elternvertretern mit Professor Kai-Oliver Schocke (mitte) an der Spitze mit Blumen und Geschenken bedacht. Foto Roland Lörzer

Weiterstadt (Lör) Wer an Benno Moosmüller und Renate Heffe im Zusammenhang mit der Hessenwaldschule (HWS) denkt, dem fallen Begriffe wie Urgestein, tragende Säulen und unermüdliche Kümmerer ein. Beide hinterlassen große Fußstapfen, wenn sie nach erfolgreichem pädagogischem Wirken und zusammen 80 Jahren an der Hessenwaldschule in den Ruhestand treten. Sie haben die Schule entwickelt und Generationen von Schülern begleitet. Das Kollegium wird sie schmerzlich vermissen.

„Ich war nie an einer anderen Schule!“ Rektorin Renate Heffe kam 1971 als Referendarin an die HWS, übernahm bereits in der Ausbildungsphase die Leitung einer siebten Klasse mit 34 Teenagern. Die Hessenwaldschule war gerade eröffnet worden und war gemessen an der damaligen Zeit modern eingerichtet. „Aber wir hatten keine Tafeln“, erinnert sich die studierte Mathematik- und Biologielehrerin. Die Metallwände sollten mit speziellen Stiften beschrieben werden. Was sich fortschrittlich anhörte, erwies sich als Schlag ins Wasser: Das Angeschriebene „ging nicht mehr ab“, erzählt die scheidende Rektorin lächelnd. Kopierer gab es auch nicht, lediglich lila bedruckte Matrizen. Wie vielseitig kann man doch heute mit den „neuen“ Medien Unterricht gestalten.
Renate Heffe sagt, was jeder spürt, der sie erlebt: „Die Arbeit hat mir Freude gemacht!“ Ihre Tür stand immer offen, wenn sie nicht gerade wieder ein vertrauliches Gespräch führte. Im Oktober 2001 wurde sie zur Rektorin ernannt und leitete bis 2008 sowohl den Hauptschul- als auch den Gymnasialzweig. Dann brachte sie ihr pädagogisches Geschick und ihr Organisationstalent in den verbundenen Haupt-/Realschulzweig ein. Jeder Anfang ist schwer, aber im Schulleitungsteam habe eine große Vertrauensbasis geherrscht – bis heute.
Die Pädagogin mit Leib und Seele stand Schülern, Eltern und Kolleginnen immer mit Rat und Tat zur Seite. Sie strahlt bis heute etwas Warmherziges, Fürsorgliches aus. Sie sagt zwar, dass sie das „Nein-Sagen-Können“ lernen musste, aber so richtig gut kann sie es bis heute nicht.
Jahrelang war sie es, die die ganzen Bewerbungen der Hessenwaldschüler für andere Schulen durchgelesen und den Schülern Verbesserungsvorschläge unterbreitet hat. „Manche benötigten dabei intensive Unterstützung“, so die Pädagogin mit Herz. Es war sicher kein Zufall, dass Renate Heffe vor ihrer Tätigkeit als Schulleitungsmitglied zehn Jahre lang als Vertrauenslehrerin an der Hessenwaldschule wirkte.
Die innige Verbundenheit mit der Schule an der Wolfsgartenallee spürt jeder, der mit ihr zusammenarbeitet. Und es habe eine Zeit gegeben, während der ihr mulmig gewesen sei beim Gedanken an den Abschied. Aber „jetzt freue ich mich auf die Zeit nach der Schule“, lächelt sie allen Wehmut weg. Schon jetzt genießt sie gemütliche Wochenenden mit ihren beiden Enkeln, ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und Schwiegersöhnen, den 16 Pferden, drei Katzen und zwei Papageien. Auch auf die Gartenarbeit freut sie sich.
Und weil es nicht anders sein kann, gibt sie den Kolleginnen und Kollegen zum Abschied eine wichtige Erkenntnis eines erfüllten Lehrerinnenlebens mit auf den Weg: „Ich kann mich als Lehrer bemühen, den Kindern etwas beizubringen, aber ich habe die Schüler, wenn es hoch kommt, nur sechsmal 45 Minuten und das nicht an allen Tagen. Das ist wenig Zeit. Da kann ich nur Anstöße geben und auf die Zusammenarbeit mit den Eltern bauen. Wenn gelingt, was ich bewegen will, kann ich zufrieden sein, wenn‘s nicht gelingt, darf ich mich nicht grämen.“
Wie für Renate Heffe, gilt auch für stellvertretenden Schulleiter Benno Moosmüller: „Lehrer zu sein, ist einer der tollsten Jobs, die es gibt!“ Man bleibe jung und könne die Schüler weniger durch den Stoff als durch die persönliche Beziehung voranbringen. Bis heute brennt in ihm ein pädagogisches Feuer: „Es ist an der Zeit, Unterricht zu verändern und die neuen Erkenntnisse der Hirn- und Lernforschung zu beachten.“
Keiner konnte das an der Hessenwaldschule erarbeitete Neue Lernkonzept so gut präsentieren wie er. Die Weiterentwicklung der Schule ist ihm ein persönliches Anliegen. „Als Schulleiter kann man gestalten und Schule verändern. Es gibt ein breites Feld von Einflussmöglichkeiten, um die Qualität zu verbessern“, bringt es der Pädagoge, der immer vom Schüler aus dachte, auf den Punkt.
Alles natürlich in den bekannten Grenzen. Viel hängt vom Gebäude ab, viel von den finanziellen Möglichkeiten. Aber: „Man kann das Geld so oder so ausgeben, Schule so oder so entwickeln.“ Das Schulleitungsteam habe pädagogisch immer in eine Richtung gedacht und habe sich immer wieder die entscheidende Frage gestellt: „Was ist für Schülerinnen und Schüler am besten?“ Mit Paragraphen sei kreativ umgegangen worden, der Schwerpunkt habe auf der Gestaltung, nicht auf der Verwaltung gelegen.
Da die Hessenwaldschule zu den ersten Selbständigen Schulen in Hessen gehört, „haben wir Möglichkeiten, die wir sonst nicht hätten“, so der stellvertretende Schulleiter. Es gebe beispielsweise finanziell mehr Möglichkeiten, neue Leute zu beschäftigen.
Dass die Hessenwaldschule während seiner 19-jährigen Zeit in der Schulleitung ohne zusätzliche Ressourcen weiterentwickelt worden sei, sei im Schulamt wahrgenommen worden und drang bis ins Kultusministerium. Die Verleihung des Deutschen Arbeitgeberpreises habe zu einer großen Beachtung der Entwicklungsarbeit an der Hessenwaldschule geführt. Der Schulträger sei stolz, eine solche Schule in seinem Gebiet zu haben. Jetzt bekomme die HWS ein neues Gebäude, „das zum Lernkonzept passt“.
Schon die Lage im Wald sei besonders, aber ab Herbst beginnen die Bauarbeiten für eine Schule, die in die Zukunft weist – eine Musterschule für den Landkreis Darmstadt-Dieburg. Das Lernkonzept in ein Raumkonzept umzusetzen, sei das Spannendste der vergangenen Jahre gewesen, verrät Benno Moosmüller.
Jetzt sei es wichtig, dass die Kontinuität gewahrt bleibe. Sein Nachfolger komme von einer der besten Schulen Deutschlands – der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden. Hier arbeiten Jahrgangsteams eng zusammen, wird ein besonderes Gewicht auf Projektlernen und Theaterarbeit gelegt.
Wie es die Fächer von Benno Moosmüller – Deutsch, Biologie und Politik und Wirtschaft - vermuten lassen, ist er kulturell vielseitig interessiert und liebt es, in der Natur zu sein. Er liest leidenschaftlich gerne, liebt klassische Musik und besonders die Oper. „Mozart ist für mich der Draht zu Gott“, schwärmt er. Ihn zieht es in Galerien, Theater und Konzertsäle, in die Berge und ans Meer. Die Ruhe auf den Gipfeln und das Wogen der Wellen genießt er in vollen Zügen.
Seinen ersten Wohnsitz wird er zusammen mit seiner Frau in den Chiemgau verlegen, wo viel Bauarbeit auf ihn wartet und die Alpen vor der Haustür zu einer Bergtour einladen. Aber dem Darmstädter Raum bleibt er weiter verbunden. Schließlich wohnen Kinder und Enkel hier, für die er jetzt mehr Zeit hat. Benno Moosmüller: „Mir wird es bestimmt nicht langweilig!“

 




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