Skurrile Szenen und der ganz normale Wahnsinn dieser Welt



Bernd Regenauer in der Kulturhalle der Hessenwaldschule. Foto Roland Lörzer

Weiterstadt (Lör) „Passt scho.“ Das ist das höchste Lob, dessen ein Franke fähig ist. So hätten die meisten Vertreter dieses Volksstamms wohl auch den Abend mit Kabarettist Bernd Regenauer bewertet, dem Träger des Deutschen Kabarettpreises, Frankenversteher schlechthin und krönenden Höhepunkt des Festtages zur Einweihung der neuen Hessenwaldschule. Wer Kalauer erwartet hatte, dessen Zwerchfell wurde mit kreativem Wortwitz und dem ganz normalen Wahnsinn unserer Zeit strapaziert.

Passt scho: Viel wohler fühlen sich Mitglieder des fränkischen Volksstamms, mit dem Regenauer ebenso hart wie herzlich umgeht, wenn sie an einem Marktstand Gemüse kaufen wollen und zaghaft nachfragen: „An Sellerie ham's net, gell?“ Da verwundert es auch niemand, dass beispielsweise bekennende Bayreuther oder Bamberger erst eine Ahnung von Fußball haben sollen, seit es die Zeitlupe gibt. Schnelligkeit ist nicht ihre Stärke und es hat möglicherweise seinen Grund, dass die besten deutschen Formel-1-Fahrer nicht aus Franken kommen.

Passt scho: Der Nürnberger lässt wenig aus, wenn er über die Typen in seiner Heimat spricht. Selbstmitleid ist dort weit verbreitet und es gilt als Binsenweisheit, dass der Franke seit jeher von den Bayern unterdrückt wird. Ohne Jammern macht das Leben eben keinen Spaß.

Wenn das so ist, dann gehört der Träger des Deutschen Kabarettpreises nur sehr bedingt zu diesem Völkchen. Er legt Missstände bloß und schafft im selben Atemzug Betroffenheit. „Ihr habt's euch aber schö' rausputzt! In Bangladesh machen Leute Kleider, hier ist es umgekehrt, obwohl manche auch so kommen, wie sie daheim rum rennen.“

Ups, aber passt scho: Regenauer schafft es tatsächlich, bedrückend ernste Probleme unserer Zeit wie das Outsourcing in Billiglohnländer und die damit häufig verbundene Kinderarbeit auf eine derart skurrile Weise zu verpacken, dass der Wahnsinn moderner Wirtschaftsweise offensichtlich wird und der Zuhörer trotzdem lachen muss.

Passt scho: Regenauer spielt den hemdsärmeligen und volksnahen Nörgler. Dabei seziert er die vielschichtigen Probleme der Globalisierung und Digitalisierung, legt den Finger mit Spielfreude in die brennenden Wunden und treibt die irrwitzigen Folgen auf die Spitze. Geradezu kunstvoll, verstärkt durch Mimik und Gestik, verbindet Bernd Regenauer provinzielle und globale Themen. Dazu ein Schuss Philosophie, die wie ein Spiegel wirkt und völlig ohne erhobenen Zeigefinger auskommt: Ist doch egal.... Passt das?


Tiefgründig und doch lustig - der Abend mit Bernd Regenauer.


Bernd Regenauer in seinem Element.




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