News > Wiener Charme und Wiener Schmäh entlarven Trivialität Tarzans



Manchmal muss Ralph Turnheim selbst über seine Leinwand-Lyrik lachen. Fotos Roland Lörzer

Weiterstadt (Lör)   Die Kulturhalle der Hessenwaldschule ist in Tiefschwarz getaucht, als der alte Filmprojektor zu knattern beginnt und Bilder wie unruhige Schatten an die riesige Leinwand wirft. Ralph Turnheim gibt dem ersten Tarzanfilm aus dem Jahre 1918 eine Stimme. Denn als die Bilder laufen lernten, waren sie noch stumm und es war üblich, dass ein Erzähler das Geschehen kommentierte. Der Schauspieler, Kabarettist und Leinwand-Lyriker tut dies auf eine sehr kunst- und humorvolle Weise – mit Wiener Charme und Wiener Schmäh, ironisch, pointiert und mit viel Lust am Spiel mit der Sprache und der Szenerie.

„In England anno domini

gibt’s Ärger in der Kolonie.

Lord Greystoke, den man christlich kennt,

soll auf den schwarzen Kontinent.

Doch heißt dies für die Lady Alice,

dass ihr Mann – leider lang . . .  – weg is.“

Aber „so a holde Weiblichkeit

kommt im Dschungel goar net weit…..

Gnädiger Herr, dass ich nicht lache,

ist Mut denn reine Männersache?

Johann sag, dass wir zusammen fahr’n.“

Natürlich setzt Lady Alice ihren Willen durch, das Drama nimmt seinen Lauf und eine Legende wird geboren: Tarzan, der Herr des Dschungels. Er setzt das gefundene Messer nicht nur gleich geschickt als Waffe ein, sondern lernt auch durch das bloße Sehen der Buchstaben die Schriftsprache. Der Wunderknabe, Raubtierbändiger und Elefantenreiter schwingt an Lianen von Baum zu Baum, jodelt und schreit sich von den Leinwänden dieser Welt immer neu in die Herzen der Menschen und übt eine sehr ursprüngliche Faszination aus.

Hätte sich der kleine Greystoke wirklich so entwickelt, wenn er das Glück gehabt hätte, von der Gorilla-Mutter Kala gesäugt und beschützt zu werden? Wäre er wirklich Herr des Dschungels geworden? Wären ihm Anstand, Menschlichkeit und Mut tatsächlich sozusagen in die Urwaldwiege gelegt worden?

Leinwand-Lyriker Turnheim beantwortet diese Fragen mit Ironie und entlarvt die Trivialität des Tarzan-Mythos mit Humor. Tarzan ist zwar ein kampflustiger Draufgänger, aber auch ein sehr gewöhnlicher Mann – besonders wenn es um Jane geht, die erste weiße Frau im Dschungel. Ihren Reizen erliegt er sofort und hat Mühe, nicht ungestüm zu werden und seine Wildheit zu bezähmen.

Jane muss ihn schon daran erinnern, dass er

„ein Mann ist und kein Wicht.

Ein Mann erzwingt die Liebe nicht.

Plötzlich lässt er von ihr sacht.

Daran hat er nicht gedacht.“

Es sind Pointen wie diese, die die Zuschauer und Zuhörer Tränen lachen lassen. Ralph Turnheim unterstreicht sie mit Mimik und Gestik, laut und leise und bei allem Wiener Schmäh mit seiner zutiefst menschenfreundlichen Art.

Ein schöner Abend mit dem Meister-Mimen, den Lehrerin Miriam Allgäuer und ihr Serviceteam mit Fingerfood und leckerem Wein vervollkommneten und den Schulleiter Markus Bürger launisch eröffnet hatte.



Lehrerin Miriam Allgäuer (Zweite von links) und ihr Serviceteam.




Veröffentlicht am: