Sukja Kim auf der Suche nach dem Glück für ihre Schüler



Sukja Kim zusammen mit Hessenwaldschülerinnen der achten Klassen. Foto Roland Lörzer

Weiterstadt (Lör/Kat) „Unsere Schüler sind nicht glücklich.“ Wenn Sukja Kim das sagt, spürt man eine tiefe innere Betroffenheit. Die 50-Jährige kam nach Deutschland, „um mehr für das Glück meiner Schüler tun zu können“. Albert Meyer, ein inzwischen pensionierter Lehrer der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden, initiierte 2013 einen Lehreraustausch mit südkoreanischen Schulen. Sukja Kim nutzte die Gelegenheit und besuchte jetzt die Hessenwaldschule, die Wiesbadener Vorzeigeschule und die freie Waldorfschule in Frankfurt zwei Wochen lang.
Besonders beeindruckt ist Kim vom Lehrer-Schüler-Verhältnis an deutschen Schulen, den freien Arbeitsformen in Projekten und besonderen Aktionen wie Theater-Workshops.
Erstaunt war sie über die vielen Schüler, die mit dem Fahrrad zur Hessenwaldschule kommen, in Korea stellt dies eine Seltenheit dar. Die fehlenden Schuluniformen lösten Verwunderung bei ihr aus.Abgeschlossene Klassenräume gibt es in Korea ebenso wenig wie Tafeln mit Kreide.
Die Englischlehrerin arbeitet an der Hoehyun Middle School in Gunsan City, einer Hafenstadt mit 300000 Einwohnern, etwa drei Autostunden von der Hauptstadt Seoul entfernt. Das südkoreanische Schulsystem kennt drei Schularten – die Grundschule vom ersten bis zum sechsten Jahrgang, die Mittelschule mit den Stufen sieben bis neun und das Gymnasium bis zur zwölften Klasse.
Was sie über den Alltag koreanischer Kinder erzählt, klingt befremdlich. „Meine Tochter muss morgens um 5 Uhr aufstehen, kommt aufgrund ihrer Hausaufgaben aber vor 1 Uhr nachts nicht ins Bett.“ Vier Stunden Schlaf, mehr ist bei dieser Aufgabenfülle nicht drin. „Unsere Schüler erleben eine sehr harte Zeit“, spricht die Pädagogin aus Erfahrung.
Schon Jahre vor dem Abitur werden sie auf die Prüfung vorbereitet – ein Multiple-Choice-Test folgt dem anderen. Denn die Abiturnote entscheidet maßgeblich über die berufliche Zukunft der Jugendlichen. „Geld sollte nicht das Wichtigste sein“, wünscht sich Sukia Kim. Die Schüler nur für das Abitur zu trainieren und ihnen lediglich beizubringen, einen gut bezahlten Beruf zu ergreifen, „das macht mich sehr traurig“, sagt sie mit gesenktem Blick. An koreanischen Schulen zu lernen, mache den Schülern keinen Spaß. Eltern, Lehrer und Schüler seien unglücklich über die Anforderungen, die Art zu lernen und die Belastungen, die mit der Schule verbunden sind.
Innovative koreanische Schulen suchen deshalb nach neuen Wegen, den Unterricht und das Schulleben zu gestalten. Sukia Kim denkt, dass es viele Veränderungen geben muss. „Zuerst müssen wir am Lehrer-Schüler-Verhältnis arbeiten“, ist sie überzeugt. Auch die Fixierung auf das Materielle hält sie für fatal. Sukia Kim:„Wir müssen unsere Einstellung ändern.“
Neben dem Alltag in der Schule hat sie aber auch andere interessante Orte von Deutschland kennengelernt, wie Heidelberg, Darmstadt und Frankfurt. Nach anfänglichen Berührungsängsten konnte sie sich auch mit dem typischen hessischen Essen und Äppelwoi anfreunden. Die Hessenwaldschule freut sich auf den Gegenbesuch in Korea und hofft auf die Möglichkeit einer längerfristigen Zusammenarbeit.




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