Schulreformerin mit Herz und Hand



Rosen und ein Glücksschweinchen mit Flügeln - die Hessenwaldschüler verabschieden sich herzlich von Ute Simon-Nadler. Fotos Roland Lörzer

Weiterstadt (Lör) Sie war das Gesicht der Hessenwaldschule, Schulleiterin mit Herz und Hand, mit Leib und Seele - durchsetzungsfähig, klar und zielorientiert, gut vernetzt, bestens informiert und außerordentlich engagiert. Sie kam als pädagogische Leiterin und ging als erfolgreiche Schulreformerin. Der Name von Ute Simon-Nadler wird nicht nur mit der Entwicklung der Hessenwaldschule untrennbar verbunden bleiben, sondern auch mit dem Neubau, in dem sie ihren Abschied feierte. Es stimme sie traurig, dass sie „in diese tolle neue Schule“ nicht einziehen könne, für die sie viele Jahre mitgekämpft habe, bekannte sie in ihrer Ansprache vor rund 150 Festgästen.

18 Jahre lang wirkte sie an der Wolfsgartenallee. 13 Jahre stand sie als Direktorin an der Spitze des Kollegiums, das sie 2010 bei der Verleihung des Deutschen Arbeitgeberpreises für Bildung in Berlin vertrat. Dieser Erfolg des an der Hessenwaldschule kreierten Neuen Lernkonzepts war einer der Höhepunkte ihrer Laufbahn und Ergebnis ihres Engagements für die Schulentwicklung. Das schülerorientierte, selbstbestimmte, individuelle und kompetenzorientierte Lernen ist der ehemaligen pädagogischen Leiterin immer ein persönliches Anliegen gewesen. Für Ideen, die dies unterstützten, hatte sie stets ein offenes Ohr. Ihre herzliche, humorvolle, freundliche, charmante und doch offene Art trug entscheidend dazu bei, die Lehrerinnen und Lehrer für zahlreiche neue Projekte zu begeistern.

Dabei dachte sie auch an jene Kleinigkeiten, die das Arbeitsklima angenehmer gestalten – Blumen oder Wein zum Geburtstag und liebevoll geschmückte Räume bei pädagogischen Tagen etwa. Bei ihren Ansprachen fand die Deutschlehrerin wohlgesetzte und warme Worte. Die Musiklehrerin wagte sich bei so mancher Feier auch als Sängerin in die Arena und erntete bewundernden Beifall.

Kein Wunder also, dass sich Schüler und Lehrer mit ebensolchen herzlichen Gesten von Ute Simon-Nadler verabschiedeten. Am Morgen ihres letzten Arbeitstages sang der von Elke Eßinger geleitete Schulchor für sie, trommelten die Schüler von Jonas Oberle für die scheidende Direktorin, brachten ihr vier Schülerinnen der siebten Klassen ein Ständchen und spiegelten ihr die von Roland Lörzer betreuten Zehntklässler etwas von dem, was sie ausstrahlt: Count on me. Die Schüler- und Klassensprecher überreichten ihr Rosen, viele umarmten sie. Bewegende Momente.

Kunstvoll inszeniert war der Abschied am Abend im Neubau, bei dem neben etwa 150 Gästen weder Kreisbeigeordneter Christel Fleischmann noch die Bürgermeister Ralf Möller (Weiterstadt) und Rainer Seibold (Erzhausen) fehlten.

FREUDE, DASS DU DA BIST! FREUDE, DASS DU DA DA GEWESEN SEIN WIRST. FREUDE, WENNST WIEDERKOMMST. FREU DI DU DA DA BIST.“ Diese Worte und die von Jürgen Henrici produzierten Videos über die Kunst Herbert Schusters – Ute Simon-Nadlers gutem Freund aus Steingaden in Bayern - sprachen eine beredte Sprache und versinnbildlichten das pädagogische Herzensanliegen der Schulreformerin.

Schuster habe sie inspiriert und „immer wieder zu noch mehr Anarchie im System Schule angeregt“, bekannte die scheidende Schulleiterin freimütig. Seine „gute, starke künstlerische Kraft soll sich in diesem Gebäude ausbreiten“ und Raum für Raum erfüllen. Der FREUDE-GÖTTER-FUNKEN-STEIN aus den Alpen, den der Künstler der Hessenwaldschule als Vermächtnis überließ und auf dem die Initialen von Ute Simon-Nadler in Gold leuchten, wird das Seine dazu tun.

Das Ende ihres beruflichen Lebens stimme sie traurig, „denn ich war beides – Lehrerin und Schulleiterin - von ganzem Herzen und mit all meiner Konzentration, Kraft und Leidenschaft“, sagte sie den Festgästen. Aber jetzt sei es Zeit weiterzuziehen. „Denn wir alle sind im Leben Nomaden“, so Ute Simon-Nadler.

Herbert Schuster sei ein Nomade der Kunst. Er schaffe die Dinge aus der Welt mit der Welt, verteile sie in der Welt und ziehe weiter. „Dabei ist er freier als ich, selbstbestimmter, freier von den Zwängen und einengenden Strukturen“, glaubt die Pädagogin. „Freiheit aushalten“ stehe auf einem kleinen Schild an seiner Ausfahrt. Nicht „Ausfahrt freihalten“. In seiner Kunst „scheint mir nichts perfekt oder fertig und alles ist perfekt oder nichts ist fertig“, bringt es die Schulleiterin auf den Punkt. In den im Neubau gezeigten Videos erzählte der ehemalige Lehrer Herbert Schuster „von der Herausforderung, nichts zu unterrichten“, analysierte Angstmenschen und machte sich über Freiheit und Bildung Gedanken.

Schusters Kunst schreie nach Einordnung, denn Unordnung mache Angst. Aber sie sei Teil der Freiheit „und Freiheit muss man aushalten . . . können“, so Ute Simon-Nadler am Ende ihrer Rede und ihrer beruflichen Laufbahn und am Anfang jenes Lebensabschnittes, in dem Freiheit im Überfluss vorhanden ist.

Zahlreiche Bilder zu den Abschiedsfeiern am Morgen und am Abend finden Sie HIER in unserer Bildergalerie
 

Das Darmstädter Echo berichtete ausführlich über den Abschied von Ute Simon-Nadler. Den Bericht finden Sie HIER


Kreisbeigeordneter Christel Fleischmann und die scheidende Schulleiterin bei der Abendveranstaltung im Rohbau der neuen Hessenwaldschule.




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